エピソード

  • Die große Täuschung | Von Janine Beicht
    2025/12/15

    Brüssels kosmetische Korrektur am Verbrenner-Verbot

    Ein Standpunkt von Janine Beicht.

    Flottengrenzwerte und Leasingvorgaben erzwingen indirekt Elektroautos schon lange vor 2035. Privatkäufer und Unternehmen sehen sich einem subtilen Zwang gegenüber, während politische Akteure von der Öffentlichkeit als Retter gefeiert werden. Die Regulierung bleibt ein Trojanisches Pferd ideologischer Kontrolle.

    Die europäische Politik präsentiert derzeit eine angebliche Kehrtwende beim geplanten Verbot neuer Verbrennerfahrzeuge ab 2035 als großen Erfolg. In Wahrheit handelt es sich um eine marginale Anpassung, die den Kern der ideologisch getriebenen Regulierung unangetastet lässt und die Automobilindustrie weiterhin in eine Sackgasse treibt. Statt eines vollständigen Rückzugs vom Verbot wird lediglich eine Reduktion des CO₂-Ausstoßes um 90 Prozent statt 100 Prozent für die Flottenziele der Hersteller vorgeschlagen. Diese minimale Aufweichung ändert wenig an der faktischen Benachteiligung von Verbrennungsmotoren und dient vor allem dem Machterhalt etablierter Parteien. Manfred Weber, Vorsitzender der Europäischen Volkspartei, gab die Motive unverhohlen preis:

    „Für uns ist und bleibt das Auto ein Kultobjekt, kein ideologisches Kampfobjekt, das am Ende Rechtsaußenparteien nutzt.“ »Manfred Weber / BILD«

    Weber verhandelte diese Einigung direkt mit Ursula von der Leyen, und sie offenbart die Priorität: Nicht der Schutz von Millionen Arbeitsplätzen steht im Vordergrund, sondern die Neutralisierung politischer Konkurrenz. Die Anpassung zielt also primär darauf ab, der AfD ein beliebtes Thema zu entziehen, anstatt echte wirtschaftliche Notwendigkeiten anzuerkennen.

    Symbolpolitik statt Substanz: Der Brief des Kanzlers und seine Folgen

    Bundeskanzler Friedrich Merz hatte Ende November einen Brief an Ursula von der Leyen gerichtet, in dem er mehr Flexibilität und Technologieoffenheit forderte. Er erklärte zum geplanten Kurswechsel der EU-Kommission:

    „Wir stellen die Ziele nicht infrage, aber wir müssen einen anderen Weg gehen hin zum Ziel. […] Wir werden auch dann nur etwas für den Klimaschutz tun können, wenn wir eine wettbewerbsfähige Industrie haben.“ »Friedrich Merz / Tagesschau«

    Das Ergebnis bleibt selbstverständlich weit hinter solchen Appellen zurück. Die vorgesehene 90-Prozent-Reduktion bedeutet, dass Verbrenner weiterhin massiv benachteiligt bleiben: Hersteller müssen hohe Strafzahlungen leisten, wenn sie mehr als einen kleinen Anteil CO₂-emittierender Fahrzeuge verkaufen. Ein Golf mit normalem Verbrennungsmotor stößt etwa 100 Gramm CO₂ pro Kilometer aus; bei Überschreitung drohen 95 Euro Strafe pro Gramm und Fahrzeug.

    „Überschreitet die durchschnittliche CO₂-Emission der Flotte des Herstellers in einem bestimmten Jahr sein spezifisches Emissionsziel, muss der Hersteller – für jedes neu zugelassene Fahrzeug in diesem Jahr – für die überschüssige Emission eine Strafgebühr von 95 Euro pro g/km bezüglich der Zielüberschreitung zahlen.“ »EU Richtlinien«

    Bei Millionen Verkäufen summieren sich solche Bußgelder auf Milliarden, die letztlich auf die Käufer abgewälzt werden und Verbrenner unerschwinglich machen.

    Diese Regelung erinnert an planwirtschaftliche Zwänge vergangener Systeme, wo knappe Güter zu Warteschlangen führten. Ähnlich könnten hier künstliche Verknappungen entstehen, die den Markt verzerren und die Freiheit der Bürger einschränken.


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    10 分
  • Chronologie des Streits um den Raub der eingefrorenen russischen Vermögenswerte | Von Thomas Röper
    2025/12/12
    Der 18. Dezember ist Tag X. – Da der Streit um den Raub der in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte im Dezember die Schlagzeilen beherrschen wird, will ich hier die Chronologie des Streits aufzeigen, denn die liest sich wirklich wie ein Thriller.Ein Standpunkt von Thomas Röper.Die EU denkt schon seit dem Beginn der Eskalation in der Ukraine darüber nach, wie sie die in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte klauen kann. Da das jedoch unter keinen Umständen völkerrechtlich legal ist und auch nicht einmal als legal dargestellt werden kann, waren diese Versuche fast vier Jahre lang erfolglos, auch wenn die EU irgendwann begonnen hat, zumindest die Zinsen auf der Gelder zu klauen und sie zur Finanzierung eines 50-Miliardenkredites genommen hat, den sie unter dem Vorwand, Kiew zu helfen, aufgenommen hat.Die Vorgeschichte des aktuellen StreitsEnde September hat Kanzler Merz dann in der Financial Times den Vorschlag gemacht, die russischen Gelder nicht zu klauen, sondern als Sicherheit für einen „Reparationskredit“ zu nehmen, den Russland, wenn es den Krieg verloren hat, zurückzahlen soll.Die EU-Kommission hat die Idee aufgegriffen und damit begann der Streit, denn Belgien, wo etwa 180 Milliarden russischer Staatsgelder liegen, weigerte sich von Beginn an, bei dem Spiel mitzuspielen, denn auch dieser Trick macht den Raub nicht legaler und Belgien fürchtet, völlig zu Recht, dass Russland danach weltweit über Gerichte belgische Vermögen einziehen wird, um den Schaden zu ersetzen.Belgien erklärte daher, es sei dazu nur bereit, wenn alle EU-Staaten rechtsverbindlich erklären, dass sie das Risiko mit Belgien teilen. Dazu aber waren die EU-Staaten wiederum nicht bereit.Übrigens begannen zeitgleich mit der Veröffentlichung des Artikels von Merz in der Financial Times die angeblichen Drohnenvorfälle, zunächst in Dänemark und Norwegen, danach auch in anderen Ländern. Und als Belgien sich hartnäckig weigerte, den Merz-Plan mit dem Reparationskredit zu unterstützen, gab es in Belgien plötzlich die meisten Drohnenvorfälle und die Medien erhöhten den Druck auf die belgische Regierung.Aber die belgische Regierung blieb stur und es begann das Tauziehen um die russischen Gelder.Allerdings drängte die Zeit, denn der Ukraine geht im Februar oder März das Geld aus, und wenn die EU bis dahin keine frischen Gelder schickt, ist die Ukraine pleite und der Krieg ist verloren.Die EU hat keine freien Gelder und kann nur mit Erlaubnis der Mitgliedsstaaten Kredite aufnehmen. Die EU-Kommission schlug daher zwei Alternativen vor: Entweder die EU-Staaten nehmen Kredite in Höhe von fast 100 Milliarden auf, um Kiew damit in 2026 zu finanzieren, oder sie erlauben der EU-Kommission, diese Kredite aufzunehmen, wobei dafür natürlich letztlich auch wieder die EU-Staaten haften würden.Von beidem waren die EU-Staaten nicht begeistert, weil sie ohnehin schon überschuldet sind und genug finanzielle Probleme haben.Ende NovemberEnde November legte Trump seinen Friedensplan vor, der den Druck auf die EU noch einmal erhöhte, denn im Falle eines Friedens ohne russische Niederlage wären all die Milliarden, die die EU in die Ukraine geschickt hat, weg, während man in Brüssel immer noch hofft, dass Russland der EU am Ende ihre „Auslagen“ für Kiew in Höhe von inzwischen fast 200 Milliarden Euro erstattet.Wenn das nicht passiert und einfach ein Friedensabkommen in Kraft tritt, müssten die europäischen Politiker ihren Wählern erklären, warum sie den europäischen Wohlstand in der Ukraine versenkt haben, und das könnte für sie sehr unangenehm werden. Daher ist die EU um jeden Preis gegen einen Frieden und auch gegen Trumps Friedensplan....https://apolut.net/chronologie-des-streits-um-den-raub-der-eingefrorenen-russischen-vermogenswerte-von-thomas-roper/ Hosted on Acast. See acast.com/privacy for more information.
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    14 分
  • Der alternde Kriegstreiber Europa im KI-Jahrtausend | Von Sabiene Jahn
    2025/12/10

    Salim Samatou liegt im Bett, scrollt durch ein US-Strategiepapier und zeigt seiner Community, dass Washington längst im KI-Zeitalter plant, während Europa sich geistig noch im Panzerjahrhundert bewegt. Dieser Text folgt seinem Blick in die „National Security Strategy“ und fragt, warum ausgerechnet ein Comedian präziser über Krieg, KI und Europas Zukunft spricht als jene, die den Kontinent regieren.

    Ein Standpunkt von Sabiene Jahn.

    Es gehört zu den paradoxesten Bildern dieser Zeit: Ein junger Comedian im Hoodie sitzt vor der Kamera, scrollt durch ein US-Sicherheitsdokument, blendet Grafiken über Lieferketten für KI-Chips ein und erklärt Hunderttausenden Zuschauerinnen und Zuschauern, warum ausgerechnet die Vereinigten Staaten ein elementares Interesse daran haben, den Krieg in Europa zu beenden. Währenddessen reden in Berlin, Paris und Warschau Politikerinnen und Politiker im nahenden Pensionsalter unbeirrt von „Jahrzehnten der Aufrüstung“, „strategischer Niederlage Russlands“ und der Bereitschaft, irgendwann auch deutsche Soldaten in der Ukraine zu stationieren.

    Salim Samatou, als Stand-up-Comedian groß geworden, arbeitet sich in seinen Videos durch Trumps neue „National Security Strategy“(1) , übersetzt sie in einen Mix aus Jugendslang, Szene-Humor und überraschend präziser Analyse. Dass er in der Lage ist, sicherheitspolitische Papiere nicht nur zu lesen, sondern analytisch zu zerlegen, hat biografische Gründe. Vor seiner Bühnenkarriere studierte der in Marokko geborene Samatou an der „Frankfurt University of Applied Sciences“ Internationale Wirtschaftsinformatik und absolvierte anschließend an der „Johannes Gutenberg-Universität“ in Mainz ein Masterstudium in Geschichte. Seine Community verehrt ihn genau dafür – für die Verbindung aus Fachwissen und Humor, aus akademischer Schulung und straßentauglicher Rhetorik. Er liest, kommentiert und rechnet nach. Und er stößt auf eine Diagnose, die in europäischen Leitmedien kaum vorkommt. Europa taucht in diesem Papier nicht mehr als „wertebasierter Partner“ auf. Für die USA ist der Kontinent ein „Sicherheitsrisiko“. Gleichzeitig erscheint Europa in den Augen der amerikanischen Tech-Eliten als unverzichtbarer Knotenpunkt einer globalen KI-Ökonomie, die auf Stabilität angewiesen ist und nicht auf einen neuen Flächenkrieg.

    Samatou beginnt bei den nüchternen Zahlen. Die Strategie zeichnet ein Europa, dessen Anteil am weltweiten Bruttoinlandsprodukt von rund 25 Prozent im Jahr 1990 auf etwa 14 Prozent geschrumpft ist(2). Als zentrale Ursache nennt das Dokument nationale und transnationale Regulierungen, die Kreativität und Industrie lähmen. Samatou übersetzt das drastisch. Die EU sei der „größte Scheißhaufen, den die Menschheit jemals gesehen hat“(16), mit Verbrennerverbot, „Digital Services Act“ und einem Wust an Bürokratie, der die eigenen Weltmarktpositionen unterspüle. Hinter der Überzeichnung steht allerdings ein ernster Kern, dass die Regulierungen wie der "General Data Protection Regulation" (GDPR), auch positive Effekte haben könnten. Es ist die Datenschutz-Grundverordnung der EU, die seit 2018 gilt. Sie regelt den Schutz personenbezogener Daten in der EU und hat globale Auswirkungen, da sich Unternehmen weltweit daran halten müssen, wenn sie mit EU-Bürgern zu tun haben.


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    33 分
  • Europa hat schwache Trümpfe | Von Rüdiger Rauls
    2025/12/09

    Der Streit zwischen Belgien und der EU-Kommission um die Enteignung des russischen Vermögens spitzt sich zu. Der Ukraine geht bald das Geld aus. Die Europäer selbst sind inzwischen auch knapp bei Kasse. Die Amerikaner drängen zum Frieden, doch am Ende entscheidet Russland.

    Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.

    Zweimal Brüssel

    Am 3. Dezember war die belgische Hauptstadt Gast zweier Treffen, die besser die Lage der Europäer nicht hätten beschreiben können. Im Hauptquartier der NATO trafen sich die Außenminister der Allianz. Wenige Kilometer entfernt beriet im Sitz der EU-Kommission Ursula von der Leyen mit den Spitzen der Kommission, wie die belgische Regierung unter Bart de Wever dazu gebracht werden könne, das beschlagnahmte russische Staatsvermögen für ein Reparationsdarlehen zugunsten der Ukraine freizugeben.

    Beide Treffen wurden bestimmt durch die Schwierigkeiten, die den Europäern durch den Kriegsverlauf, den neuen Friedensplan der USA (28-Punkte-Plan) und die nachlassende Finanzkraft der EU für die weitere Entwicklung entstehen. Eines ist unübersehbar: Die Bedeutung der Europäer schmilzt wie Schnee in der Sonne. Dieser Bedeutungsverlust wurde ihnen eindrücklich dadurch vorgeführt, dass erstmals seit 2003 der amerikanische Kollege am Treffen der NATO-Außenminister nicht teilnahm. Marco Rubio hatte „offenbar Wichtigeres in Washington zu tun“ (1).

    Die offizielle Begründung für sein Fernbleiben lautete, dass „Rubio schon Dutzende Treffen mit NATO-Verbündeten absolviert habe und es völlig unrealistisch sei, ihn bei jedem Treffen zu erwarten.“(2). Das zeigt: Für die USA hat Europa nur noch untergeordnete Bedeutung, im Vordergrund stehen die Verhandlungen mit Russland. Denn in Washington weiß man, „das Ende des Ukraine-Krieges hängt von Russland ab“(3). Und Trump will ein baldiges Ende. Dabei stören die Europäer nur. Denn nicht nur Russland ist überzeugt, dass die Europäer keinen konstruktiven Beitrag zur Beendigung des Krieges leisten.

    Trump winken gute Geschäfte mit Russland aufgrund der „enormen Aussichten einer russisch-amerikanischen Wirtschaftszusammenarbeit“(4) und aus den Rohstoffabkommen mit der Ukraine. Dabei sind die Europäer mit ihren Vorstellungen über das Kriegsende im Wege. Vergeblich versuchen sie mit zahnlosen Drohungen gegenüber Russland, der Selbstüberschätzung der eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten sowie der Unterwürfigkeit und Speichelleckerei gegenüber Trump den Gang der Dinge zu beeinflussen.

    Hürden und Fallstricke

    In Verkennung der Wirklichkeit betont Merz kraftmeierisch: „Wir Europäer entscheiden und gestalten, was auf unserem Kontinent geschieht.“(5). Glaubt er wirklich, Putin beeindrucken zu können mit der Behauptung, „dass eine Fortsetzung dieses Angriffskrieges sinnlos ist“(6)? Dem Bundeskanzler ist offenbar bisher nicht aufgefallen, dass der politische Westen seit vier Jahren mit solchen Belehrungen keinen Erfolg hatte. Das Gegenteil vielmehr ist der Fall.

    Vielleicht glaubt Merz ja selbst seinen eigenen Verlautbarungen. Aber der russische Präsident zeigt sich davon unbeeindruckt. Er sieht, dass seine Truppen immer weiter nach Westen vorankommen. Er sieht auch, dass die Europäer nicht einmal mehr in der Lage sind, die Ukraine aus eigener Kraft finanziell zu unterstützen. Selbst dazu brauchen sie noch das russische Geld, das bei Euroclear und den europäischen Banken eingefroren ist. Mit den USA ist der größte Geldgeber aus dem Krieg ausgestiegen.

    Die Gestaltungsmöglichkeiten, die Merz im Brustton tiefster Überzeugung für die Europäer reklamiert, hängen also stark ab von Russlands Geld. Diesem Thema galt das zweite Treffen in Brüssel: Wie kann die Enteignung des russischen Vermögens so rechtssicher gemacht werden, dass auch die belgische Regierung sowie der Zahlungsabwickler Euroclear dieser Maßnahme zustimmen? Welche Garantien können gegeben werden, damit Belgien nach einem russischen Sieg mit den Risiken dieses Enteignungsvorhabens nicht alleine dasteht und für die Folgen aufkommen muss?

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    11 分
  • Der privatwirtschaftliche Überwachungsstaat | Von Günther Burbach
    2025/12/08

    Wie Konzerne die Macht übernehmen, während die Politik schläft

    Ein Standpunkt von Günther Burbach.

    Es gibt eine bemerkenswerte Blindstelle in unserer politischen Debatte: Wir reden seit zwanzig Jahren über staatliche Überwachung, über Innenminister, über Geheimdienste und über Polizeigesetze. Doch der eigentliche Überwachungsstaat entsteht längst woanders, im Schatten der Einkaufszentren, Versicherungsportale und Kundendatenbanken. Während Politiker über die Vorratsdatenspeicherung streiten, hat sich im Hintergrund ein zweiter Apparat gebildet, unscheinbar, allgegenwärtig, effizient und demokratisch völlig unkontrolliert. Seine Sensoren hängen nicht an Straßenecken oder in Polizeiwagen, sondern an den Glasfassaden privater Unternehmen. Sein Rohstoff sind nicht Ermittlungsakten, sondern Kundenprofile. Und seine Macht wächst nicht durch Gesetzesverschärfungen, sondern durch Marktlogik.

    Der neue Überwachungsstaat ist privat. Und genau darin liegt seine Gefahr. Denn er braucht keine Gesetze, um sich auszubreiten. Er braucht nur unsere Bequemlichkeit.

    Wer heute einen Supermarkt betritt, tritt bereits in ein Labor der Verhaltensanalyse ein. Moderne Filialen setzen Kameras ein, die längst nicht mehr nur Bilder aufzeichnen, sondern Verhalten entschlüsseln: untypische Bewegungen, Zögern, Muster, Abweichungen. Die Algorithmen wissen, ob jemand zielstrebig einkauft oder nervös durch die Gänge läuft. Sie erkennen, wer häufiger zum Regal zurückkehrt, wer suchend umherblickt, wer sich „auffällig“ verhält. Es ist die gleiche Logik, die vor 15 Jahren als „predictive policing“ begann, nur dass sie heute im Konsumtempel stattfindet. Kein Richter prüft das. Kein Parlament kontrolliert es. Die Überwachung ist keine staatliche Maßnahme mehr, sondern ein Geschäftsmodell. Ein Kunde, der zweimal im Gang stehen bleibt, ist für die KI eine Wahrscheinlichkeit. Eine potenzielle Anomalie. Ein Risiko und Risikobewertung ist in der neuen Ökonomie nichts anderes als Profilbildung.

    Was die meisten Menschen nicht wissen: Viele dieser Systeme sind nicht im Besitz der Supermärkte, sondern werden von externen Dienstleistern betrieben, die die Daten technisch auswerten, speichern, modellieren und daraus „Lösungen“ für mehrere Einzelhandelsketten entwickeln. Wer einmal erfasst ist, taucht möglicherweise in Datenpools auf, von deren Existenz er nie erfahren wird. Es entsteht ein Paralleluniversum von Risikobewertungen, Verhaltensmustern und algorithmischen Zuordnungen, vollkommen außerhalb jeder demokratischen Kontrolle.

    Das ist keine Übertreibung, sondern der Kern des Problems: Privatwirtschaftliche Überwachung ist unsichtbar, entgrenzt und entpolitisiert. Niemand ruft „Skandal!“, wenn ein Supermarkt eine neue Analyse-Software einsetzt. Niemand protestiert gegen das algorithmische Screening einer Versicherung. Niemand spricht davon, dass millionenfache Verhaltensdaten inzwischen Grundlage von Risikomodellen sind, die über unser Leben entscheiden. Und genau deshalb wächst die neue Überwachungsordnung schneller als jede staatliche.


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    9 分
  • Spekulationsobjekt Leben | Von Tom-Oliver Regenauer
    2025/12/05

    Während das KI-Kartell die größte Finanzblase der Geschichte kreiert, schafft die Oligarchie mit Social Impact Investitionen, Natural Asset Companies, Debt-for-Nature-Swaps und »Zahlungen für Ökosystemleistungen« neue Finanzinstrumente, die uns Menschen und den »vollen wirtschaftlichen Wert der Natur« zu handelbaren »Finanzströmen« machen.

    Ein Standpunkt von Tom-Oliver Regenauer.

    In einem von der Stanford Universität gelöschten Interview sagte Eric Schmidt, ehemaliger CEO von Google, im August 2024, dass wir »keine Ahnung hätten, was da auf uns zukommt«. Denn der Kapitalismus werde die Künstliche Intelligenz (KI) nicht überleben, so Schmidt. Und es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass er damit Recht hatte. Denn die sozioökonomischen Strukturen bröckeln. Voran geht, wie so oft, Amerika. Im Oktober 2025 gab Amazon, zweitgrößter Arbeitgeber der Vereinigten Staaten, bekannt, dass der Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen anstehe. IBM will 12.000 Mitarbeiter entlassen. UPS 48.000 – 34.000 davon in der Logistik und 14.000 in der Verwaltung. Der Öl-Gigant ConocoPhillips wird weltweit bis zu 25 Prozent seiner Stellen abbauen. General Motors kürzt 3.000, Paramount 2.600, Target 1.800, Verizon 13.000, Lufthansa 4.000, Nestlé 16.000, Novo Nordisk 9.000, Intel 24.500 und Microsoft 9.000 Stellen. Et cetera.


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    23 分
  • Hurra! Wir sind Aufrüstungs-Weltmeister! | Von Hermann Ploppa
    2025/12/04

    Eine Studie des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI legt gnadenlos offen: Deutschland ist aktuell Aufrüstungs-Weltmeister! Kann das gut gehen?

    Ein Standpunkt von Hermann Ploppa.

    Alle Jahre wieder kommt nicht nur der Weihnachtsmann, sondern auch ein aktueller Bericht zur weltweiten Waffenproduktion und zum Waffenhandel durch SIPRI. SIPRI steht für: Stockholm International Peace Research Institute. Das internationale Friedensforschungsinstitut in Schwedens Hauptstadt hat sich jetzt mal die Umsätze und Gewinne von Rüstungskonzernen zur Brust genommen (1). Und da kommt raus, dass noch nie in der Menschheitsgeschichte derart viel Geld für Rüstung ausgegeben wurde wie gerade jetzt. Die Umsatzsteigerungen sind teilweise als exorbitant zu bezeichnen. Oder sagen wir besser: obszön?

    In einer Zeit, in der die nackte Not in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Gaza, absolut unerträgliche Größenordnungen angenommen hat; in einer Zeit, in der Ackerflächen unfruchtbar werden und Wälder kaputt gehen; in einer Zeit, in der Bildung und gesundheitliche Versorgung mit den zunehmenden Herausforderungen nicht mehr Schritt halten können – in einer solchen Zeit haben viele Regierungen die Frechheit, immer mehr Steuergelder für Aufrüstung buchstäblich zu verpulvern.

    Den Rüstungskonzernen und ihren Aktionären und Vermögensverwaltern kann dies nur recht sein. SIPRI hat nur die einhundert größten Rüstungskonzerne in ihre Berechnungen aufgenommen. Es ist also nicht alles an volkswirtschaftlicher Verschwendung in diesen Zahlen dokumentiert. Dennoch kommen wir für das Jahr 2024 auf eine stolze Summe von 676 Milliarden Dollar, die aus den Töpfen der Solidargemeinschaft der Steuerzahler in die Taschen der Rüstungsprofiteure umgeleitet wurde. Das waren annähernd sechs Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Wohlgemerkt: wir sprechen hier ja nur von der Neuanschaffung von Waffen und Munition. Nicht von Instandhaltung der Geräte und Gebäude. Nicht von den Personalkosten und Ruhestandsgeldern für ehemalige Soldaten, den oftmals traumatisierten oder verstümmelten Veteranen der diversen perversen Exkursionen in fremde Länder.

    Spannend ist zunächst einmal, die großen regionalen Unterschiede in der Neuanschaffung von Kriegsspielzeug zu beobachten. Es wird sicher niemanden überraschen, dass die in den USA beheimateten Rüstungskonzerne mit einem Auftragsvolumen von 336 Milliarden US-Dollar den Löwenanteil der Geschäfte mit 49 Prozent ausmachen. Und wer schon so eine dominante Stellung hat, kann sich auch mal mit einem Wachstum gegenüber dem Vorjahr von etwa vier Prozent zufrieden geben. Wobei sich die US-Konzerne besser nicht allzu sehr auf ihren Lorbeeren ausruhen sollten. Denn möglicherweise ist das relativ langsame Wachstum der US-Rüstungsbranche doch auf eigenes Verschulden zurückzuführen.

    Tabellenführer Lockheed Martin hat mit seinem Jagdflieger F-35 die Geduld seiner Kunden doch sehr überbeansprucht. Die F-35 wird im Schnitt ein Dreiviertel Jahr nach dem versprochenen Liefertermin beim Kunden angeliefert. Und dann ist der Blechvogel doch deutlich teurer als ursprünglich versprochen. Genau diese Unzuverlässigkeit wird auch den anderen Rüstungsschmieden Made in the USA nachgesagt. Für eine dauerhafte Kundenbindung ist das nicht gerade hilfreich.


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    13 分
  • „Brief aus Budapest #4“: Der Schatten von 1914 fällt auf Europa | Von Gábor Stier
    2025/12/03

    Das Manko der Vernunft: Objektiv benötigen Russland und Europa einander, doch strategische Interessen von außen haben den eurasischen Raum gespalten. Der ungarische Publizist Gábor Stier warnt: Die neue europäische Elite lässt sich zum Gefangenen des Ukraine-Konflikts machen – und wiederholt damit auf gespenstische Weise die fatalen Fehler von 1914.

    Ein Standpunkt von Gábor Stier – aus dem Ungarischen übersetzt von Éva Péli.

    Die europäische Lage vor dem Ersten Weltkrieg wird oft mit der paradoxen Formel beschrieben, dass niemand einen Krieg wollte, er aber unvermeidlich war. In Wahrheit gab es keine so unüberbrückbaren, unlösbaren Gegensätze zwischen den europäischen Ländern, die eine Zerstörung des Kontinents gerechtfertigt hätten. Erst jetzt beginnen wir zu verstehen, was damals auf dem Spiel stand.

    Heute herrscht ein scheinbar unüberbrückbarer Gegensatz zwischen Russland und Europa. Dies geschieht, obwohl zwischen diesen beiden Polen des eurasischen Raumes objektiv keine systemischen wirtschaftlichen oder geopolitischen Konflikte bestehen. Im Gegenteil: Logisch betrachtet sind sie aufeinander angewiesen. Wenn sie zusammenarbeiten, stärkt das beide, während sie durch eine Konfrontation geschwächt werden. Der Export stand nicht in Konkurrenz zueinander, die Transportlogistik war überschaubar, und entgegen der aktuellen Kommunikation des europäischen Mainstreams war die Abhängigkeit offensichtlich gegenseitig. Russland war ein wichtiger Markt für europäische Produkte und Investoren, während Europa zum Abnehmer für russisches Öl und Gas wurde.

    Diese pragmatische Beziehung, die bereits zu Sowjetzeiten funktionierte und während der deutschen Ostpolitik durch den Bau von Pipelines aufblühte, wurde nach dem Ende des Kalten Krieges durch einen Boom europäischer Investitionen ergänzt, während Menschen aus Russland in europäischen Ferienorten Urlaub machten und Geld ausgaben.

    Geopolitische Strategie: Wie die USA Eurasien spalten

    Diese Kooperation war so vorteilhaft, dass die Vereinigten Staaten jahrzehntelang daran arbeiteten, den eurasischen geopolitischen Raum zu spalten, um die Verbindung von europäischer Technologie und Investitionen mit russischen Ressourcen und Energie zu verhindern.

    Denn dies war das strategische Interesse der Vereinigten Staaten. Wie Halford Mackinder (britischer Geograph, 1861-1947), der die Erdkugel in ein hierarchisches System konzentrischer Kreise unterteilte, formulierte: Wer Osteuropa beherrscht, beherrscht das Herzland (Heartland) – das Gebiet von der Wolga bis zum Jangtse und vom Himalaya bis zur Arktis; wer das Herzland beherrscht, beherrscht die Weltinsel, und wer die Weltinsel beherrscht, beherrscht die Welt.

    Er war der Ansicht, dass die Hauptaufgabe der angelsächsischen Geopolitik darin bestehen müsse, die Bildung einer strategischen kontinentalen Allianz entlang der „geografischen Achse der Geschichte“ zu verhindern. Die Strategie der Kräfte des „äußeren oder insularen Halbmonds“ – USA, Großbritannien und Australien – müsse daher darin bestehen, so viele Küstengebiete wie möglich vom Herzland abzutrennen und sie unter den Einfluss der „insularen Zivilisation“ zu bringen.


    ...https://apolut.net/brief-aus-budapest-4-der-schatten-von-1914-fallt-auf-europa-von-gabor-stier/

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    12 分