エピソード

  • UGHW: Filmfest
    2025/12/10
    Auch unser Leben bekommt mit Traditionen, Bräuchen und Riten eine Struktur, die wenig aneckt und millionenfach ausprobiert wurde. Wir Deutschen haben, wie jedes andere Volk, unsere eigenen Traditionen ausgebildet. So wird kaum jemand die Reihenfolge Taufe, Konfi, Abiball, Hochzeit, Leichenschmaus durcheinanderbringen. Ob es nun praktiziert wird oder nicht. Wir können es einordnen und darauf rausgeben. Wenn wir wissen, wo es langgeht und alle gehen mit, ist eine Menge geschafft. Kein Fest hat so viele Riten wie Weihnachten. Das Fest der Traditionen. Da gehen wir weit über unsere Schmerzgrenzen. Stichwort: Würstchen mit Kartoffelsalat. „Aber Papa, ich bin Veganer.“ „Nicht heute, Kind. Nicht an Weihnachten!“ Natürlich ist bei Weihnachten inzwischen nicht mehr jeder bibelfest. Fest der Liebe. Ja, ok. Aber warum nun ganz genau ihr Kinderlein in der stillen Nacht, heiligen Nacht zum Oh Tannenbaum oder zur Krippe in Bethlehems Stall kommen sollten, ist nicht mehr ganz klar. Eventuell ist ein Ros entsprungen. Egal. Hauptsache Driving home for Christmas. Yeah! Irgendjemand muss Oma holen. Ich nicht, ich war last Christmas dran. Was aber tun, wenn die organisierte Religion als Eventplaner, als Taktgeber ausfällt? Wer weiß schon noch, dass Christmette recht wenig mit Hackfleisch zu tun hat. Und was, wenn sich im Adventskalender nur 24 köstliche Bierspezialitäten aus aller Welt verstecken? Wer gibt Weihnachten den Sinn, die Struktur? Wie so oft: Das gute alte Fernsehen! Puh. Glück gehabt. Linear und – wir sind bei den Eltern – analog. Eventuell sogar terrestrisch. Zumindest bis wir den Router eingerichtet haben. Wir haben eine große Zahl von Weihnachtsfilmen, die seitens der Rezipienten immer noch ein wenig in Ost und West unterteilt sind. In den frischen Bundesländern ist Aschenbrödel der tradierte Festgottesdienst. Aschenbrödel ist, wenn Tschechen in den 1970ern – als die DDR noch einwandfrei war – im sächsischen Moritzburg Märchenfilme drehen. Und so sieht es dann auch aus. Aber wenn man viele Jahre im Dresdner Stollen verbracht hat, mag man das. Und im Westen? Sissi. Aber da ist jedes Wort zuviel. Keine Sorge, wir haben ja noch ein paar mehr Filme zur Auswahl: Tatsächlich… Liebe, der Grinch, Die Geister, die ich rief, Eine schöne Bescherung, Das Wunder von Manhattan undsoweiterundsoweiter. Das Grundrauschen der klassischen Weihnachtsfilme funkt eigentlich immer auf der gleichen Frequenz: Kaltherzige, egoistische Menschen erfahren rund um das Fest der Liebe unter Zuhilfenahme von reichlich Glöckchenmusik, was Familie, Freundschaft und Zusammenhalt bedeuten. Alle zusammen, alle glücklich. Beim Happy End wird abgeblendet. Das ist wirklich schön! Klingt aber auch ein wenig nach Sozialismus. Apropos Weihnachtsfilme: Wir überwinden ja gerade das postheroische Zeitalter. Daher braucht es Weihnachtsfilme, die andere Werte in den Vordergrund stellen. Grundidee: Weihnachten als individuelle Herausforderung, als Kampf des Einzelnen gegen finstere Mächte. Und Gewalt als Lösung. Klar, es sterben rechts und links ein paar Teilnehmer, aber am Ende steht der Held strahlend unterm Weihnachtsbaum. Versprochen ist versprochen lassen wir in dem Zusammenhang da mal als konsumkritische Komödie durchgehen. Aber bei Tödliche Weihnachten hört der Spaß auf. Und bei Stirb langsam hat er nie angefangen, Schweinebacke. Das sind natürlich keine Filme für die ganze Familie. Also braucht es eine kindgerechte Erzählweise. Und schon ist Kevin allein zu Haus. Die Parallelen zu Stirb langsam sind wirklich verblüffend. Tausche Plastiksprengstoff gegen die Farbeimerschaukel. Uzi gegen Murmeln. Aber sonst? Der Held stemmt sich gegen Schicksal und Schurken. Wenn alles und alle erledigt sind, darf auch die nichtsnutzige Verwandtschaft noch kurz ins Bild. Oh Gott, wir sind filmreif. Frohes Fest! Dies – und vieles mehr – in der 42. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast
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    1 時間 7 分
  • UGHW: Die erste Kerze Brennt
    2025/12/03
    Die Adventszeit hat begonnen. Besinnlich ist sie – und damit ist nicht gemeint, dass im Fernsehen das „Adventsfest der 100.000 Lichter“ mit Florian Silbereisen ohne Trigger-Warnung ausgestrahlt wird. Das ist ein Angebot für eine Zielgruppe, die die „Rentenrebellen“ der JU nur aus den Augenwinkeln wahrnehmen. Laut Eigenwerbung eine Mischung aus „emotionalen Momenten, festlicher Musik und stimmungsvoller Kulisse aus Suhl“. Aber die echte Adventszeit ist seit Jahrhunderten tief in unserer Kultur verwurzelt. Den Jüngeren sei erklärt: Alles läuft auf Weihnachten hinaus – das beliebteste aller Verpflichtungsgeschäfte. Schon im alten Rom war Schenken nicht folgenlos: „Donum non est gratuitum, sed obligatio.“ Die Heiligen Drei Könige machten den Anfang mit Gold, Weihrauch und Myrrhe. Im Gegenzug bot das Jesuskind Erlösung und Weltfrieden. Von wegen „dieses Jahr schenken wir uns nur Kleinigkeiten“! Zwischen Lebkuchen im Laden und Blockflöte unterm Baum liegen nur wenige Monate. In dieser Zeit müssen Geschenke besorgt werden – für Liebste und Familie. Das setzt uns unter Druck. Eigentlich geht es aber um innere Vorbereitung: Fasten, Einkehr, Verzicht. 40 Tage lang, wie Jesu Fasten in der Wüste. Daher die Partys: Ostern minus 40 ist Karneval, Weihnachten minus 40 ist St. Martin. Dort wird traditionell eine Gans verzehrt – früher ein Mitesser, heute Tiefkühlware. Fastenzeit vor Ostern ist bekannt. Wenn man es Digital Detox oder Intervallfasten nennt, ist es sogar instagrammable. Vor Weihnachten gibt es die Verzichts-Challenge nur in der Ostkirche, das sogenannte Philippus-Fasten. Mit Ostkirche ist die Orthodoxie gemeint – nicht die Kirche in den Beitrittsgebieten nach Art. 23 GG. Und wenn nach Sankt Martin der letzte Mantel geteilt ist? Bauern hatten im Winter mehr Freizeit, aber weniger Einkommen. Also ran an die Werkbank: Nussknacker drechseln, Kerzen ziehen, Deckchen klöppeln. Alles auf den Markt. Diese Idee war so gut, dass 1296 die Wiener Händler von Herzog Albrecht I. das Recht erhielten, einen „Dezembermarkt“ abzuhalten. Stadtmarketing war geboren. Apropos „Dezembermarkt“: Natürlich muss es Weihnachtsmarkt heißen. Volkstümliche Erzählungen behaupten, man habe unsere Märkte umbenennen müssen, weil „Menschen, die nicht von hier kommen“ es so wollten. Tatsächlich gilt: Ein Weihnachtsmarkt wird meist als Spezial- oder Jahrmarkt nach §§ 68 ff. GewO festgesetzt. Damit erhält er Privilegien wie längere Öffnungszeiten, Verkauf an Sonn- und Feiertagen, vereinfachte Gewerberegeln – aber auch strenge Auflagen bei Sicherheit und Genehmigung. Ein Wintermarkt hingegen wird oft als Privatveranstaltung ohne Festsetzung durchgeführt. Dadurch entfallen Privilegien, aber auch viele Pflichten – was für Veranstalter günstiger ist. Anders gesagt: „Hör mer uff! Nu klon se uns och noch de Weihnachtsmärkte. Is is mir egol, ob’s erst viertel zwee is – gib mer noch vier Glühween mit Schuss, aber so richtsch.“ Dies – und vieles mehr – in der 41. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 36 分
  • UGHW: Eine Buddel voll Ruhm
    2025/11/26
    Sich einen Ruf zu erarbeiten, in die Geschichte einzugehen, sich einen Namen zu machen, ist ein hartes Geschäft. Für viele sogar eine Lebensaufgabe. Bismarck entwarf dereinst eine Metapher, bei der man den beleibten preußischen Junker förmlich in seiner ordensbekleckerten Paradeuniform vor sich stehen sieht: „Man muss den Herrgott durch die Weltgeschichte schreiten sehen und dann den Zipfel seines Mantels ergreifen.“ So spricht der Vater des Vaterlandes! „Und doch wird der Bismarcksche Nachruhm von Doppelkorn und Hering überlagert. Als Ergebnis eines langen politischen Lebens ist das ein klein wenig unfair! Manchmal dauert der Eintritt in die Geschichte nur einen Augenblick und niemand hat ihn kommen sehen. Vor allem die Protagonisten selbst nicht. So der 19-jährige Konrad Schumann, der sich im August ’61 just dann zum Sprung über die noch sehr unvollständige Mauer entschloss, als der Fotograf einen neuen Film eingelegt hatte. Oder Eric Moussambani aus Äquatorialguinea. Bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000 schwamm er die langsamste Zeit über 100 Meter Freistil und wurde weltberühmt. Das hatte er sich beim Frühstück im Olympischen Dorf wohl so nicht vorgestellt. Gelegentlich ist es wie beim Abreißen des Pflasters. Kurz, ratsch, und dann tut es doch noch ein Weilchen weh. Wie bei Jana aus Kassel. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die junge Dame im Nachhinein ihre Sophie-Scholl-Gefühle lieber für sich behalten hätte. Trapattonis Lebenswerk ist mit „Isch habe fertig“ wohl ebenso unzureichend zusammengefasst wie die Reduktion auf die „Hand Gottes“, Gomez’ Fehlschuss und Andy Möllers Schwalbe. Dabei kann es im Sport auch ganz anders laufen. Beim Turnen oder Eiskunstlaufen wurden ganze Figuren nach ihren Erfindern benannt. Auerbach, Axel, Lutz, Ginger und Bielmann haben sich mit den lizenzfreien Nachahmern ihren Platz auf dem ewigen Siegerpodest verdient. Anderes Beispiel: „Mach ihn, mach ihn! Er macht ihn! Götze!“ dauerte im Laufen, Schießen und Moderieren exakt 3,2 Sekunden und reicht sowohl Mario Götze als auch Reporter Tom Bartels, um nie wieder Cocktails an der Hotelbar bezahlen zu müssen. Sheesh! Damit kann, damit muss man aber auch ein Leben lang klarkommen. Auf die eine Sache, den einen Moment reduziert zu werden, kann einträglich und unerträglich zugleich sein. Zum Glück kann Götze einfach weiter irgendwo Fußball spielen – und wenn es nur in Frankfurt ist. Er muss nicht immer und immer wieder dieses eine Tor schießen. Das ist schön. Aber ob Gottlieb Wendehals sein Karo-Jackett, sein Gummihuhn und vor allem seine Polonäse Blankenese wirklich 40 Jahre lang so lustig wie beim ersten Mal fand? Hoffentlich nicht. Auch Gavrilo Princip, der am 28. Juni 1914 den Österreicher Franz Ferdinand Habsburg erschoss, strebte nach Unsterblichkeit. Er wollte damit ein politisches Zeichen setzen und natürlich berühmt werden. Das ist gelungen. Bis in die 1990er Jahre war die Straße des Geschehens (Principova ulica) nach ihm benannt. Da er zur Tatzeit unter 20 war, konnte er nicht zum Tode verurteilt werden. Princip starb 1918 im Gefängnisspital Theresienstadt. Kurioserweise hätte er den Ersten Weltkrieg also fast überlebt. Der von ihm getroffene Habsburger Stammhalter gab seiner bei dem Attentat neben ihm sitzenden Frau einen kurzen Lagebericht: „Es ist gar nichts!“ Seine letzten Worte. Man lehnt sich wohl nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn man das in der Rückschau sowohl persönlich als auch weltpolitisch als Fehleinschätzung wertet. Apropos letzte Worte: „Schieß ruhig, du Feigling. Du wirst einen Mann töten, …“ rief Ernesto „Che“ Guevara, einer der bärtigsten Revolutionär überhaupt, einem Soldaten zu, der nicht einmal das Satzende abwartete und ihn erschoss. Er wollte noch „… aber du wirst nicht die Revolution aufhalten können.“ In der Kurzform ist es aber irgendwie stimmiger. Dies – und vieles mehr – in der 40. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 31 分
  • UGHW: Wie Geht`s?
    2025/11/19
    Eine der gefährlichsten Fragen unserer Zeit. Teile der Antwort könnten die Bevölkerung verunsichern. Eine ehrliche Antwort trägt womöglich mehr zur Spaltung bei als die alten Bruchlinien der Bundesrepublik: Geha oder Pelikan, Scout oder Amigo, Puma oder Adidas, Punk oder Popper. Später kam Nokia oder Siemens hinzu – keine Religion, aber fast Konfession. Liberale Geister konnten mit einem Nokia- oder Siemens-Nutzer reden – bis zum dritten Bier. Nichts stiftet mehr Gemeinschaftsgefühl als Ausgrenzung. Heute sind wir uns einig: Ost und West bekennen, uns geht es schlecht. Wer auf „Wie geht’s?“ mit „Gut!“ antwortet, darf das noch als Floskel durchgehen lassen. Zufriedenheit oder gar Glück wirkt verdächtig – oder Ratiopharm kickt gerade. Klar ist: Wir sind am Ende. Dieses Land ist am Tiefpunkt. Und dass wir weiter abrutschen, wird gerade geprüft – vielleicht vom Netzwerk Recherche, sicher aber von BILD, WeltN24 und NZZ. Wer zufrieden ist, ist schlecht informiert. Was hilft? Politpodcasts. Für den Einstieg: Sahra Wagenknecht – wohlig weh, aber nicht zu doll. Gregor Gysi macht gute Laune, das ist kontraproduktiv. Weg damit. Wer nachhaltig schlecht draufkommen will, hört Precht und Lanz. Sie kennen keine Lösung, aber fundieren das Problem und klären die Schuldfrage. Lanz hat dazu noch seine ZDF-Sendung, täglich. Das Switch-reloaded-Original war allerdings stärker. Hard Stuff: Ulf Poschardt. Eigentlich bräuchte es eine Trigger-Warnung. Wer am nächsten Tag eine Hochzeit hat oder das Bruttosozialprodukt steigern will, sollte ihn meiden. Ulfi, die semieloquente Atombombe der Meinungsfreiheit. MEGA heißt seine Dosis Zukunftsfeindlichkeit – „Make Economy Great Again“. Inhaltlich mager, sprachlich nah am POTUS. Schwarz / weiß. Pah! Nur schwarz. Auffällig: Vor allem Konservative sind schlecht gelaunt. Früher war das anders. Atomtod, Ozonloch, NATO-Doppelbeschluss, Waldsterben – das Ende der Welt lauerte links. Was wollten die Linken schon gegen Helmut Kohls geistig-moralische Wende ausrichten? Der Pfälzer Saumagen gegen den Hallenser Eierwerfer – ein Bild viriler Kraft! Bei den Grünen war Schlechtdraufsein Markenkern. Die SPD saß nach Schmidt führerlos auf der Rückbank des Mehr-Demokratie-Wagens. Also: Freie Fahrt für freie Bürger. Blühende Landschaften. Heute? Wer behauptet, die Sauerländer Tanne je lachen gesehen zu haben, glaubt auch an Nessi und Bigfoot. Früher war alles besser. Stellen wir uns die Wahlslogans CDU in der alten Bundesrepublik heute vor: „Wohlstand für alle“ (1957), „Mit Optimismus gegen Sozialismus“ (1980), „Sicher sozial und frei“ (1976). Geht, klemmt aber. Von „Black is beautiful“ (1980) oder „Weiter so, Deutschland!“ (1987) würde man abraten. Ganz schwierig wird es mit dem Claim von 2002: „Aufschwung beginnt mit den Köpfen.“ Dazu Fritze, Söder und Klingbeil – uuh. Aber wir wollen konstruktiv sein: Vorschlag zur Güte – „So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben!“, „Alles mit dem Volk, alles durch das Volk, alles für das Volk!“ oder „Mein Arbeitsplatz – mein Kampfplatz für den Frieden!“ Credits gehen an die SED. Immer noch besser als „Von mir aus: Verbrenner-Aus-Aus“ oder „Hoch die Hände – Klimawende“. Wie dem auch sei: Wir hauen einen raus. Uns geht’s gut! Judge me. Dies – und vieles mehr – in der 39. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 25 分
  • UGHW: Mahlzeit
    2025/11/12
    Der Volksmund spricht ja gerne. Nicht selten auch mit vollem Mund. Das spart Zeit und reduziert den Appetit des Gegenübers. Steht aber als echtes No-Go in Knigges kleiner Lebenshilfe. Das Bild vom Unfall im Tunnel drängt sich auf, vor allem wenn es Fleischwurst mit roter Soße gibt. Der Volksmund sagt dann gerne so Sachen wie „Man ist, was man isst.“ Das ist die unakademische Version von der Maxime des dialektischen Materialismus („Das Sein bestimmt das Bewusstsein“, Kalle Marx). Zurück zu Tisch. Wenn in Deutschland am Herd gebrutzelt wird, stehen gerichtlich auf dem Siegertreppchen: Pizza, Lasagne und Spag Bollo! Allen Kochshows zum Trotz. Erst auf Platz fünf liegt mit der Rinderroulade ein deutscher Klassiker neben dem Rotkohl. Wäre Kochen in Deutschland olympisch, müsste die heimische Küche um die Sportförderung bangen. Sobald die Einwohner dieses Landes auswärts essen gehen, ist Döner die klare Nummer eins. Und wenn schon Essen mit Hinsetzen und Kerze auf dem Tisch, gewinnt Italien vor Griechenland, China und Vietnam. Es gibt alleine 22.000 italienische Restaurants (die 2.500 Eiscafés nicht mitgerechnet). Das sind mehr als katholische und evangelische Kirchengemeinden zusammen Anders gesagt: Auf jedes deutsche Opernhaus kommen 190 Italiener! Mamma mia. Rein kulinarisch sind wir Deutschen also entweder Südländer oder Asiaten. Die meisten unserer Lieblings-Restaurants sind echte Familienbetriebe. Gekocht wird von ehemaligen Gastarbeitern und ihren Nachkommen. Tatsächlich steht auf den Leuchtreklamen unseres Stadtbildes selten „Deutsches Haus“. Aber jeder wie er will. Doch es gibt eiserne Regeln, gegen die die Vorgaben des örtlichen Gesundheitsamtes wie unverbindliche Vorschläge wirken. 1. Wenn Restaurants im ersten Stock sind, müssen es Chinesen sein! 2. Wenn bei Italienern die Tischdecke nicht rot-weiß kariert ist, wird zur Kompensation die CD Italohits 92 gespielt. Durchgehend. 3. Wenn Steakhouse und Rippchen, dann satt. Für Griechen gelten zahlreiche Sonderregeln. Die Bundes-Kegelbahn im Keller ist natürlich Pflicht. Ebenso wie die Serviette mit Akropolis vorne und den zehn wichtigsten Vokabeln hinten. Baupolizeilich wird eine sehr grob verputze weiße Wand erwartet. Gips-Götter-Statuen ohne Arme sollten, 5-Liter Metaxa-Flaschen müssen. Knifflig wird es erst nach dem Verspeisen von Knorpelplatte/Tsatsiki/Pommes: Muss wirklich beim obligatorischen Ouzo aufs Haus der Kinderschnaps immer Sprite sein oder geht auch Fanta? Man weiß es nicht. Wir sollten Abstimmen. Dafür haben uns die Griechen schließlich die Demokratie beigebracht. Zum Schluss egal. Hauptsache lecker. Apropos lecker. Auf der großen Insel am Rande der Nordsee klingen gastronomische Einrichtungen ja immer sehr dramatisch! Was kann/ muss/ darf man hinter der Tür von Red Lion, King’s Head oder Blue Dragon erwarten? Vermutlich eine Mischung aus Ritter der Kokosnuss und Kammer des Schreckens. Zumindest klingt es wie ein Escape Room. Aber nein! Zumeist handelt es sich um gemütliche Horte des kommunikativen Daydrinkings. Wohnzimmer mit Tresen, Teppich und Spielautomat. Selbst das Essen ist landesüblich erträglich. Also Cheers, Salute, Yamas oder Şerefe bzw. – wenn auch selten – Prost. So sagt man und meint „Zum Wohl!“ Nur in China sagt man Ganbei, wörtlich übersetzt „leeres Glas!“ und es ist die Aufforderung, das Getränk komplett zu leeren. Sofort! Also „Nich lang schnacken, Kopp in Nacken.“ Jetzt kopieren die Chinesen sogar schon das deutsche Saufen. Wenn die jetzt noch das Oktoberfest irgendwo in der chinesischen Provinz nachbauen, stellt sich jetzt mal ernsthaft die Frage, ob unsere Oktoberfeste auf dem Karstadt-Parkdeck überhaupt noch Sinn machen! Schon wegen Kultur, Lightbild, Stadtbild und so. Dies – und vieles mehr – in der 38. Folge von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 25 分
  • UGHW: Heimat am Heck
    2025/11/05
    Autokennzeichen bieten hierzulande seit 1956 eine feste Orientierung. Das ist wichtig in dieser chaotischen Welt. Wo kommt der her? Ein Blick und alles ist klar. Wilder Landwirt (WL), Bereifte Mörder (BM), Arsch im Cockpit (AIC) - alles bekannt. Wie der schon fährt! Und auf langen Autofahrten boten Kennzeichen uns Kindern allerlei Kurzweil. Ein Punkt für jedes erkannte Kürzel, ein anständiger Hieb auf den Arm der Mitreisenden für jedes gelbe Auto. So sind die Regeln. Der Gewinner bekam ein Päckchen Sunkist aus Muttis Proviantkorb, der Verlierer eine gehörige Lektion in regionaler Geografie – und blaue Flecke am Oberarm. Das war er, der goldene Westen. Dann kam die Wende – und brachte alles durcheinander. Plötzlich 190 neue Kennzeichen aus den frischen Bundesländern, montiert auf stinkenden Plastikautos oder Gebrauchtwagen, die hier keiner mehr wollte. Das konnte nicht gutgehen. Also folgten Kreisgebietsreformen. Schneller beschlossen, als neues Briefpapier gedruckt werden konnte. In MecklenburgVorpommern schrumpfte die Zahl der Kreise von 36 auf 8, in Sachsen von 54 auf 13. Putbus, Hainichen, Hettstedt, Flöha? Abgewickelt, als wären sie ein xbeliebiger VEB Obertrikotagen. Mit ihnen brach auch ein Stück Identität weg. Alleingelassen im Landkreis Nordwestvorpommern. Verraten von denen da oben im Kreis Niesky. Und dabei sah der Trabbi mit NYKennzeichen ein wenig nach schöner neuer Welt aus. Heimatlos. Auch im Westen sollte die regionale Neuordnung aus Feinden Freunde machen. Aber ein Verwaltungsakt ist keine Liebeserklärung. Im Gegenteil. Das Arnsberg/HochsauerlandGesetz, das BielefeldGesetz – schon die Namen klingen wie ein Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Stolze Gemeinden wie Brackwede, Sennestadt, Heepen, Jöllenbeck, Vilsendorf, Theesen, Schröttinghausen, Hillegossen, Ubbedissen – zack: alles Bielefeld. Zwangskollektivierung in OstWest-Falen. Jede Neuordnung der unteren Verwaltungsebene ist ein Angriff auf die eigene Geschichte, Stammeszugehörigkeit und Identität. Vor allem die Bindestriche fühlen sich an wie Stiche ins Heimatherz: Siegen-Wittgenstein, Minden-Lübbecke, Baden-Württemberg, Bayern, M-V. Das klingt doch schon nach schiefem Haussegen. Da musste eine Antwort, eine Lösung her. Verwaltung lässt sich nur mit Verwaltung besiegen – Fight fire with fire: Die Erste Verordnung zur Änderung der FahrzeugZulassungsverordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (FZVuaÄndV) von 2012. Wow! Kennzeichenliberalisierung und „Heimat am Heck“. Endlich wieder zu Hause! Jetzt in 827 deutschen Varianten. Zwischen 25.000 Fahrzeugen in LüchowDannenberg (DAN) und 1,25 Millionen in Berlin (B) – alles dabei. Und dabei hat die Bundeshauptstadt mit 334 Pkw pro 1.000 Einwohner den niedrigsten Wert bundesweit. Den höchsten Wert mit 956 Pkw je 1.000 Einwohner gibt es selbstverständlich Wolfsburg. Kinder und Greise inbegriffen. Das 1-Pro-Kopf-Auto ist ein Volkswagen. Und doch stößt das neue Bekenntnis zur Region an ihre menschengemachten Grenzen. Der Gestaltungsspielraum bei Gewerbe- und KFZ-Steuern erlaubt einen gigantischen Zugehörigkeitsbetrug! Stichwort Mietwagen. „Der sieht doch gar nicht wie jemand aus München, Euskirchen oder Wiesbaden aus“ denkt man so manches Mal beim Überholvorgang. Zu Recht. Gerade M, EU oder WI sind bekannt für ihre Trojanische Autos. So war das mit der „Heimat am Heck“ nicht gemeint.Apropos Trojanisches Pferd. Niemand weiß, ob Herr Odysseus wirklich zu dieser List griff, um den Trojanischen Krieg zu beenden. Ganz anders Bremen. Dort gibt es einen Elefanten, in den man tatsächlich reinkrabbeln kann. Ein Denkmal erst für, dann gegen den Kolonialismus. Aus Gründen des Tierschutzes und derNachhaltigkeit handelt es sich jedoch um ein aus Backstein gemauertes Denkmal in Hauptbahnhofnähe. Wir wissen jetzt, wie man Bremen erobern kann. Okay, aber warum sollte man? Dies – und vieles mehr – in Folge 37 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 5 分
  • UGHW: Hello Wien
    2025/10/29
    Sprache erfüllt viele Funktionen: Sie hilft, wenn Gestik nicht reicht, kann inkludieren oder ausschließen – je nach Gruppe und Stimmung. Jugendsprache wie „Schere“ oder „Das crazy“ ist codiert und signalisiert Zugehörigkeit. Auch Berufsgruppen nutzen eigene Codes, etwa bei der Bundeswehr: „Komm zwölfhundert mit AllgFspWNBw durch“ will sagen „Ich rufe mittags mal an“. Deutsch ist Amtssprache in Deutschland – außer in Bayern, Sachsen, Ruhrgebiet, Berlin, Köln, Emsland, Thüringen, Saarland, Schwaben, Franken, Nord- und Ostfriesland, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland und Pfalz. Aber das sind Ausnahmen. Auch in Österreich, Liechtenstein, Schweiz, Luxemburg und Belgien wird grundsätzlich auch Deutsch gesprochen. Hierzulande dominiert Hochdeutsch mit Fokus auf Sachebene und Appell. In Österreich hingegen zählt die Metaebene: Selbstoffenbarung und Beziehung. Friedemann Schulz von Thuns Kommunikationsquadrat zeigt, wie Missverständnisse entstehen, wenn Sender und Empfänger unterschiedliche Ebenen betonen. Österreich glänzt zudem mit pittoresken Ausdrücken aus der KuK-Zeit. „Tachinieren im Betagtenheim“ klingt einfach besser als „Arbeitszeitbetrug in der Seniorenpflegeeinrichtung“. Wien galt lange als unfreundlichste Stadt der Welt – laut Expats 2023 auf Platz 53. 2024 ging’s zwei Plätze rauf. Berlin und München sind nun unfreundlicher. In Berlin nennt man das „Berlinern“, in München wird „grantelt“, in Wien „geschäht“. Touristisch wertvoll. Apropos Ring: In Silverstone drehen seit 1950 Autos und Motorräder ihre Runden. Vom Nähmaschinenmotor bis zum Monstermotor wird alles verbrannt, was mit Nikolaus August Ottos Erfindung an Flüssigfossilien zu verbrennnen ist. Wer keinen Rennstall hat, geht in den Giftshop: Ed-Hardy-meets-Camp-David-Poloshirts für € 85. Teuer, aber ein Statement gegen das Verbrenner-Aus: „Nimm das, Greta!“ Schulz von Thun würde sagen: Appell, Selbstoffenbarung, Beziehung – alles drin. Sachebene? Schwächelt. In Berlin, München und Wien wären man zufrieden. Dies – und vieles mehr – in Folge 35 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 46 分
  • UGHW: Fake News
    2025/10/22
    Im Krieg ist die Wahrheit bekanntlich das erste Opfer. Und da draußen ist immer Krieg. Medienkrieg, Krieg der Systeme und der Kampf um die Meinungshoheit. Die Ente, den Hoax, die Fakenews gab es schon lange, bevor wieder sie so in Mode gekommen sind wie heute. „Der Bericht über meinen Tod wurde stark übertrieben.“ Der amerikanische Schriftsteller Mark Twain äußerte diesen Satz im Jahr 1897, nachdem Berichte über seinen Tod kursierten. Im Allgemeinen müssen wir zwischen Verschwörungserzählungen, gezielter Falschinformation und sprachlichen Verirrungen unterscheiden. Verschwörungserzählungen sind so alt wie die Menschheit. Bis heute wollen wir ja auch nicht immer die ganze Wahrheit hören, denn ein Teil der Antwort könnte die Bevölkerung beunruhigen. Und wenn man schon keine Lösung hat, hilft es doch sehr, wenn man Schuldige benennen kann. Brunnenvergifter, „die da oben“ oder „die da drüben“. 1950 wurde die DDR von einer Kartoffelkäferplage biblischen Ausmaßes getroffen. Als streng atheistisches Land fiel die historisch erprobte Schuldzuweisung der Gottesstrafe leider weg. Hexen waren auch gerade nicht greifbar. Man hätte also schlicht – und wahrheitsgemäß – die schlechte Vorbereitung auf die zu erwartenden Schädlinge erwähnen können oder aber zugeben müssen, dass die wenigen Pflanzenschutzmittel zumeist an den großen Bruder im Osten abgegeben werden mussten. Aber warum? Es waren „Amikäfer“ – Millionen von „Amikäfern!“ So stand es wochenlang im Neuen Deutschland. Das war zwar logistisch und biologisch Unsinn. Aber jemand anders hatte Schuld und man selbst musste nichts tun. Ganz anders die klassische Falschmeldung, die Ente. Dabei handelt es sich zumeist um schlampige Recherche, Wollen statt Wissen oder zu viel Meinung bei zu wenig Ahnung. Auf jeden Fall geht es um Aufmerksamkeit und Auflage. Seit viele Jahren ist die Bild dafür fast täglich ein verlässlicher Lieferant für Bonmots, Sprachverirrungen, verquere Meinungen, Halbwahrheiten und schlichtweg Lügen ist eine andere Zeitung. Unser Headline-Alltime-Favorite ist: „Ostzonensuppenwürfel machen Krebs.“ Dieses Frühwerk ist nicht zu toppen. Obwohl „Diese Affenhitze – Werden wir jetzt alle Afrikaner?“ oder „Lotto-Zahlen immer blöder“ ja auch nicht schlecht sind. Sportreporter haben bei Springers heißem Blatt grundsätzlich Narrenfreiheit: „Bundesliga-Hammer. 1. Tor mit Penis geschossen“ oder „Adios Diego. Dein Messi kriegt heut auf die Fressi.“ Bzw. „Litti, Wutti, Klinsi – Bumm, bumm, bumm!“ Was sagen die Schöpfer dieser Zeilen eigentlich ihren Kindern, wenn sie nach ihrem Beruf gefragt werden? Aber die Bild kann sich ändern. DDR wird nicht mehr „DDR“ geschrieben (seit etwa 1989), nackte Frauen sind nur noch mit Begründung auf der Titelseite und die Bild hat jetzt – zumindest online – eine Rubrik, in der sie eigene Fehler benennt und korrigiert. Das ist wirklich mutig! In Echtzeit kann man da Bild-Journalisten bei der Weigerung eines einfachen Faktenchecks z. B. durch dieses neuartige Google begleiten. Meldung für Meldung. Ganz anders als bei Insta ist das Scrollen ohne Reue. Anderes Thema. In den 1980er Jahren gab es für eine kurze Zeit den Versuch, eine Konkurrenzliga zur NFL zu etablieren. Darunter so lustige Namen wie Houston Gamblers oder Memphis Showboats. Nach zwei Jahren mit immer weniger Zuschauern und ohne Fernsehvertrag war dann der Kick wieder off. Dabei war der erfolgreichste Geschäftsmann aller Zeiten mit von der Partie: Donald J. Trump. Keine Verschwörung an dieser Stelle. Apropos Verschwörungstheorie und Football: 1871 verwüstete ein großer Brand weite Teile von Chicago. Die größte Katastrophe der Stadt. 130 Jahre nach dem Brand fanden die Eigentümer des lokalen Fußball-Anbieters, dass es eine gute Idee wäre, ihren Club zu „Ehren“ des Infernos Chicago Fire zu nennen. Warum nur? 38 Jahre vor 9/11 nannten die New Yorker ihr Team Jets. Just saying. Dies – und mehr – in Folge 35 von: Ungefährliches Halbwissen – The Last Missing Podcast.
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    1 時間 39 分